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Meine Firma 3/2025

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KRISENMANAGEMENTFotos:

KRISENMANAGEMENTFotos: zVg; iStock/chris-muellerGut gewappnetist halbgewonnenOb Cyberangriffe, Lieferkettenprobleme, geopolitischeKonflikte oder Energieengpässe – die Herausforderungenfür KMU werden immer vielfältiger und komplexer.Wie Firmen sich mit einem systematischen Krisenmanagementauf den Ernstfall vorbereiten können undweshalb den Führungskräften dabei eine entscheidendeRolle zukommt.Text Melanie AdeWas versteht manunter Krisenmanagement?Krisenmanagement umfasst die systematischeVorbereitung, Erkennung und Bewältigungvon aussergewöhnlichen Ereignissenoder Situationen, die die Existenz oder Handlungsfähigkeitdes Unternehmens gefährdenkönnen. Ziel ist es, unter hohem Zeit- undProblemdruck die Ursachen der Krise zu beseitigen,Schäden zu begrenzen, die Fortführungdes Geschäftsbetriebs zu sichern und das Vertrauenvon Kunden, Mitarbeitenden und Partnernzu erhalten.Welche spezifischen Herausforderungensehen Sie für KMU?Anders bei als grossen Organisationen, welcheoft über ein systematisches Krisenmanagementals Teil des Geschäftsmodells verfügen,ist bei der überwiegenden Zahl der KMU dieGeschäftsführung im Ereignisfall sowohl fürdie Bewältigung der Krise als auch für die Aufrechterhaltungder laufenden operativen Aufgaben(«Tagesgeschäft») allein verantwortlich.Das Krisenmanagement stellt für KMU deshalbeine besonders grosse Herausforderung dar. Sieverfügen in der Regel nicht über die notwendigenzeitlichen, fachlichen und personellen Ressourcen,eine spezialisierte Krisenorganisationaufzubauen und zu trainieren. Sie sind im Krisenfalldeshalb auf die breite Führungserfahrungder Geschäftsleitung, die Flexibilität derOrganisation sowie ein gesundes Mass an Intuitionund Entscheidungsstärke angewiesen.Und wie bereitet man sich am besten vor?Die Vorbereitung auf Krisen umfasst vorallem ein systematisches Screenen möglicherDie ExpertenProgrammleitung undFachbeirat des CASKrisenmanagement &Organisationale Resilienzder HSLU.Anja ZimmermannKai KruthoffAldo C. SchellenbergGuy Lachappelleexterner und interner Risiken, ein Erfassendieser Risiken, ein Einschätzen der Eintrittswahrscheinlichkeitenund ein Abschätzendes Impacts auf den Geschäftsbetrieb und denlangfristigen Geschäftserfolg. Auf dieser Basissind Konzepte zu entwickeln, wie die vitalenGeschäftsprozesse (z.B. Produktions-, BestellundLieferprozesse, Zahlungsverkehr etc.)auch im Krisenfall zumindest eingeschränktaufrechterhalten und anschliessend möglichstrasch voll funktional wiederhergestellt werdenkönnen. Die Krisenbewältigung selbst gelingtumso besser, je besser ein Unternehmen daraufvorbereitet ist.Welche Krisen bedrohen KMUin erster Linie?Auslöser für unternehmerische Krisen inKMU sind häufig nicht nur exogen zu suchen,sondern vor allem auch im Unternehmenselbst zu finden. Nicht selten sind Krisen hausgemacht,d.h., auf Managementfehler, personelleProbleme u.a. zurückzuführen. Aberauch überraschende Marktveränderungen,Lieferengpässe oder Cyberangriffe können beiKMU schnell zu Liquiditätsengpässen, Produktionsausfällenoder Reputationsverlust führen.Welche Rolle spielt die Führungsebenein Krisensituationen?Die Geschäftsleitung spielt bei KMU im Vergleichzu grossen Organisationen in Krisensituationeneine besonders zentrale und meistauch direktere Rolle, weil Entscheidungswegekürzer sind und Krisenentscheidungen meistohne Unterstützung durch eintrainierte Krisenstäbegetroffen werden müssen. Währendgrosse Organisationen oft über standardisierteNotfallpläne, dedizierte Krisenteams und klareEskalationsmechanismen verfügen, sind KMUstärker auf die persönliche Handlungsfähigkeit,Flexibilität und das Verantwortungsbewusstseinder Inhaber oder der Geschäftsführungangewiesen. Die Vorbildfunktion derFührungskraft ist in Krisensituationen entscheidend,weil sie oft persönlich für die Existenzsicherungsteht und Mitarbeitende sich anihrem Verhalten orientieren.Wie können KMU ihreorganisationale Resilienz stärken?Die beste Strategie ist ganz einfach auf denPunkt gebracht: Üben, Lernen, Üben, Lernen,Üben, Lernen und das verstanden im Sinneeines kontinuierlichen Trainierens des Krisenmuskels.Keine Krise gleicht der anderen, siekommen überraschend und sind häufig nichtvorstellbar. Um in diesen Situationen umsichtigsowie professionell zu reagieren und demenormen Druck standzuhalten, sind Erfahrungswissen,eine hohe Selbstwirksamkeits-Meine FIRMA20 03/2025

KRISENMANAGEMENTerfahrung hinsichtlich der eigenen Fähigkeiten,eingeübte Vorgehensweisen sowie Vertrauenund Vertrautheit zwischen Menschen,die in der Krise zusammenarbeiten müssen, diewichtigsten Ingredienzen für Krisenresilienz.Wie wichtig ist die Kommunikationwährend einer Krise?Die Kommunikation in der Krise beeinflusstmassgeblich, wie gut eine Organisation durcheine Krise navigiert, welche (reputativen) Schädenentstehen und wie die Organisation langfristigwahrgenommen wird. Krisenkommunikationist jedoch mehr als Auftrittskompetenz.Eine wesentliche Voraussetzung für gelingendeKommunikation in der Krise stellt die Berücksichtigungeiniger weniger, aber sehr zentralerRegeln dar: «one voice, one face and only facts»,ist eine der wesentlichen Formeln. Die interneKommunikation sollte gegenüber der externenKommunikation immer mindestens gleichberechtigt,besser prioritär angegangen werden.Mitarbeitenden psychologische Sicherheit undOrientierung zu geben, kann weitere Schädenin der externen Kommunikation verhindern.Oberstes Ziel muss sein, kontinuierlich zukommunizieren und vor allem die Kontrolleüber die Kommunikation zu behalten. Textbausteinefür alternative Szenarien zu erarbeitenund die internen Informations- und Koordinationsschnittstellensowie Ansprechpartnerzu kennen, hilft in der Krisenkommunikationund verhindert unnötigen Verlust an Reaktionszeit.«KMU, die ihrKrisenmanagementfrühzeitigplanen,regelmässigüberprüfenund flexibelweiterentwickeln,werden auchin Zukunftwiderstandsfähigerunderfolgreichersein.»Gibt es entsprechendeWeiterbildungsprogramme?Krisentrainings können sowohl extern wieauch mit professioneller Unterstützung internrealisiert werden. Zentral für beide Formender Aus- und Weiterbildung ist ein Simulierenund Trainieren von Krisensituationen, das Betroffenheitauslöst, das Krisenmanagement anGrenzen bringt und blinde Flecken in verschiedenenEskalationsstufen aufzeigt.Welche Trends oder Entwicklungensollten KMU im Auge behalten?Zukünftig wird es nicht mehr reichen, nurauf Krisen zu reagieren – es geht vielmehr darum,echte Resilienz in der Organisation zuverankern. Dazu gehören robuste Strukturen,durchdachte Notfallpläne für verschiedeneSzenarien, finanzielle Reserven, flexible Lieferantennetzwerkeund gut vorbereitete Mitarbeitende.Ebenso gewinnen Partnerschaftenund Netzwerke an Bedeutung, weil viele Herausforderungennur gemeinsam bewältigtwerden können, sei es beim Austausch vonKnow-how, beim Einsatz von KI-Anwendungenim Krisenmanagement oder bei der gegenseitigenUnterstützung in Notfällen. Insgesamtgilt: KMU, die ihr Krisenmanagement frühzeitigplanen, regelmässig überprüfen und flexibelweiterentwickeln, werden auch in Zukunftwiderstandsfähiger und erfolgreicher sein. ●03/2025 21Meine FIRMA