KMU-ARBEITSMARKTSTUDIE Angestellte sind immer grössere Herausforderung für KMU Illustration: iStock/Yutthana Gaetgeaw Der anhaltende Fachkräftemangel verändert das Kräfteverhältnis am Arbeitsmarkt – darauf müssen KMU zunehmend reagieren, wollen sie ihre offenen Stellen besetzen. Text Melanie Ade T rotz des Abwärtstrends im Schweizer Stellenmarkt bleibt der Arbeitskräftemangel für KMU mit Abstand die grösste Herausforderung. Über die Hälfte der Schweizer KMU (51%) – insbesondere Firmen aus dem Bau-gewerbe und im Gesundheits- und Sozialwesen – sieht sich bei der Besetzung offener Stellen mit systematischen Problemen konfrontiert. Das belegt die in diesem Jahr bereits zum dritten Mal durchgeführte KMU-Arbeitsmarktstudie der AXA. Viele KMU bemerken den nach wie vor andauernden Fachkräftemangel auch im Verhalten ihrer Mitarbeitenden. 28 Prozent der KMU sind vermehrt mit Lohnforderungen konfrontiert, 23 Prozent spüren mehr Forderungen bezüglich Arbeitszeiten, und 18 Prozent stossen auf stärkeren Widerstand bei erhöhter Arbeitsbelastung. «Der anhaltende Fachkräftemangel verändert das Kräfteverhältnis am Arbeitsmarkt: Arbeitnehmende kennen ihren Wert und formulieren zusätzliche Erwartungen an künftige Arbeitgebende. Darauf müssen Meine Meine FIRMA FIRMA 22 03/2024
KMU-ARBEITSMARKTSTUDIE KMU zunehmend reagieren können, wollen sie ihre offenen Stellen besetzen», erklärt Michael Hermann, Gesch äftsführer des Forschungsinsti-tuts Sotomo, das die Erhebung im Auftrag der AXA durchgeführt hat. Eigeninitiative im Kampf um die besten Talente Um im Arbeitskräftewettbewerb zu bestehen, setzen Unternehmen auf Lösungen wie grössere Flexibilität beim Arbeitspensum und bei der Arbeitszeit. Rund die Hälfte aller befragten Unternehmen (48%) gab an, 2024 mehr Teilzeitstellen anzubieten, um genügend Mitarbeitende rekrutieren zu können. 47 Prozent bieten mehr Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung, wie Homeoffice oder Vertrauensarbeitszeit. Rund ein Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen setzt darüber hinaus auf zusätzliche Benefits wie Ferien oder Weiterbildung, und ein Fünftel (21 %) aller Befragten erklärte, neuen Mitarbeitenden deutlich höhere Löhne anzubieten. 32 Prozent der Unternehmen gaben zudem an, auch bestehenden Mitarbeitenden substanzielle Lohnerhöhungen zu gewähren, um diese an das Unternehmen zu binden. Nur zwei von fünf KMU bilden Lernende aus Ein weiterer Ansatz, um neue Mitarbeitende für sich zu gewinnen, ist der Fokus auf diejenigen Arbeitskräfte, die neu in den Arbeitsmarkt stossen. Die Schweizer Berufsbildung gilt weltweit als Erfolgsmodell und ist ein zentraler Bestandteil des Schweizer Bildungssystems. Kleine und mittlere Unternehmen übernehmen dabei als Ausbildungsstätten für die Fachkräfte von morgen eine Schlüsselrolle. Eine Win-win- Situation, könnten KMU doch auf diesem Weg gut vorbereitete Arbeitskräfte ausbilden und junge Menschen ans Unternehmen binden – so scheint es. Trotzdem bieten gemäss KMU- Arbeitsmarktstudie nur 40 Prozent der befragten Firmen Lehrstellen an. Zwei Drittel (67 %) derjenigen Unternehmen mit einem Lehrstellenangebot begründen den Schritt damit, besser vorbereitete Fachkräfte direkt im eigenen Unternehmen auszubilden und diese ans Unternehmen binden zu können (51 %). 37 Prozent der befragten Unternehmen wollen damit einen Dienst an der Gesellschaft tun, rund ein Fünftel (22 %) erhofft sich einen Imagevorteil. Und knapp jedes siebte Unternehmen gibt zu, dadurch günstige Arbeitskräfte zu gewinnen. Deutlich mehr Lehrstellen im produzierenden Gewerbe Trotzdem geben 60 Prozent der befragten KMU an, keine Lehrstellen anzubieten. Als Gründe dagegen nennen zwei Drittel davon fehlende Voraussetzungen, weil es etwa innerhalb des Grafik 1: Massnahmen gegen den Arbeitskräftemangel «Welche Massnahmen haben Sie schon getroffen, um trotz Arbeitskräftemangel genügend Mitarbeitende rekrutieren zu können?» (Mehrere Antworten möglich) Ermöglichung von Teilzeit Flexibilität der Arbeitsgestaltung Zusätzliche Benefits Deutlich höhere Löhne Permanente Rekrutierung Aktive Suche im Ausland Nichts Besonderes Grafik 3: Generationenunterschiede bei den Faktoren für die Wahl des Arbeitgebers Selbstverwirklichung Weiterbildungsmöglichkeiten Karrieremöglichkeiten Flexibles Arbeitszeitmodell Work-Life-Balance Flache Hierarchien Sinnstiftende Tätigkeit Umgangsformen Respekt vor Seniorität «Ihrer Erfahrung nach, welche Faktoren sind Arbeitnehmenden, die heute 30 Jahre und älter sind, bei der Wahl des Arbeitgebers wichtiger als den heute unter 30-jährigen.» Lohn Teamgeist Wertschätzung 10% 17% 16% 21% 33% 48% 47% 0% 25% 50% Grafik 2: Gründe für das Angebot von Lehrstellen Bietet Ihr Unternehmen Lehrstellen an? Nein 60% Ja 40% Aus welchen Gründen bietet Ihr Unternehmen Lehrstellen an? Besser vorbereitete Fachkräfte Fachkräfte bleiben im Unternehmen Dienst an der Gesellschaft Schwierigkeit, Fachkräfte zu finden Imagevorteil Ermöglicht Kennenlernen vor Festanstellung Möglichkeit einer günstigen Arbeitskraft 0% 17% 15% 22% 22% 33% 22% 28% 25% 27% 40% 39% 39% 38% 22% 20% 31% 22% 34% 12% 31% 7% 50% 24% 46% 13% 31% 54% 15% 37% 51% 25% 50% 67% «Und welche Faktoren sind den heute unter 30-jährigen Arbeitnehmenden bei der Wahl des Arbeitgebers wichtiger als den heute 30-jährigen und älteren Arbeitnehmenden?» 60% 40% 20% 0% 20% 40% 60% 03/2024 23 Meine FIRMA
Laden...
Laden...
Stay in touch