UNTERNEHMENSKULTUR «Ein Früchtekorb macht keine Unternehmenskultur» Verändern sich die Marktbedingungen, erfordert dies von Unternehmen nicht nur eine strategische Neuausrichtung; auch die Unternehmenskultur muss den Wandel begleiten. Weshalb es sich aber generell lohnt, das Thema regelmässig aufzunehmen, erklärt Expertin Muriel Bouakaz. Text Melanie Ade Muriel Bouakaz, was genau versteht man unter Unternehmenskultur? Die Unternehmenskultur umfasst die Werte, Glaubenssätze und Verhaltensmuster einer Organisation. Eine Unternehmenskultur beeinflusst, wie ein Unternehmen funktioniert, wie Strukturen aufgebaut werden, wie man miteinander kommuniziert und zusammenarbeitet, sogar was man trägt. Man könnte sie auch als inoffizielle Spielregeln bezeichnen, die alle innerhalb einer Organisation intuitiv befolgen. Unternehmenskultur geschieht oft auf einer impliziten Ebene, wird aber stark durch die Führung eines Unternehmens geprägt. Warum ist Unternehmenskultur so wichtig? Die Unternehmenskultur trägt entscheidend zu unserem Wohlbefinden bei und beeinflusst Motivation, Leistungsfähigkeit und Zusammenhalt in der Belegschaft. Eine gute Unternehmenskultur kann eine grosse Energie freisetzen. Viele tun sich jedoch schwer mit dem Thema, weil man Kultur nicht in Zahlen messen kann. Dabei ist das Potenzial gross: Wenn Mitarbeitende sich wohlfühlen, zeigen sie mehr Initiative, wollen das Unternehmen weiterentwickeln, strahlen mehr Positivität gegenüber den Kunden aus. Und das wirkt sich schlussendlich auch auf den Unternehmenserfolg aus. Gilt das auch für KMU? Vor allem für KMU! KMU haben in Bezug auf Lohn und Lohnnebenleistungen oftmals einen finanziellen Nachteil gegenüber Grossunternehmen. Da kann eine fortschrittliche Unternehmenskultur entscheidender Wettbewerbsvorteil im Kampf um Talente sein. Darüber hinaus spielt die Unternehmenskultur auch beim Thema Innovation eine wichtige Rolle: Wer innovativ sein will, braucht eine Unternehmenskultur, in der Offenheit, psychologische Sicherheit und eine offene Kommunikation gelebt werden. Muriel Bouakaz ist Expertin für Unternehmenskultur. Die Expertin Muriel Bouakaz unterrichtet im MAS Arbeit 4.0 an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) und amtet darüber hinaus als Dozentin an der HSG und der HSLU. Darüber hinaus begleitet sie mit ihrer eigenen Firma Studio Ithaka Firmen beim Kulturwandel und ist als Head of People and Organizational Development bei der TX Group AG tätig. Beruflich wie akademisch befasst sie sich zum einen mit Führung und Kollaboration und zum anderen mit Kreativität und Innovation im Kontext des Megatrends New Work. Welche Werte sollten in einer Unternehmenskultur enthalten sein? Werte wie Vertrauen, Transparenz, Wertschätzung und Wohlwollen. Dazu gehört, die Mitarbeitenden selbständig arbeiten zu lassen, den gegenseitigen Wissensaustausch zu pflegen und davon auszugehen, dass die Belegschaft das Beste für die Firma will und danach handelt – anstatt proaktiv jeden Arbeitsschritt zu kontrollieren. Gibt es eine gute und eine schlechte Unternehmenskultur? Jein. Das hängt davon ab, wofür die Organisation stehen möchte. Klassische Verwaltungen haben häufig eine prozessbasierte Unternehmenskultur, junge Tech-Start-ups pflegen eher eine offene und innovative Kultur. Beide haben ihre Daseinsberechtigung. Wichtig ist, dass die Unternehmenskultur zur Ausrichtung des Unternehmens passt und dass die gegen aussen propagierten Unternehmenswerte intern auch wirklich gelebt werden. Was nie gesund ist, ist eine toxische Angstkultur, in der sich die Leute aus Angst vor den Konsequenzen nicht getrauen, etwas zu sagen. Wann ist eine Kulturentwicklung sinnvoll? Grundsätzlich macht eine proaktive Auseinandersetzung mit der Unternehmenskultur immer Sinn. Insbesondere dann jedoch, wenn sich die Bedingungen ändern, also beispielsweise ein neuer CEO seine Funktion antritt, sich die strategische Ausrichtung des Unternehmens aufgrund veränderter Marktbedingungen ändert oder man eine zusätzliche Firma in die eigene Organisation integriert. Spätestens dann, wenn es nicht mehr gut läuft und viele Mitarbeitende das Unternehmen verlassen. Aber auch wenn es gut läuft und das Führungsteam schon länger im Amt ist, sollte man sich regelmässig bewusst mit dem Thema auseinandersetzen. Meine FIRMA 20 03/2024 Foto: zVg
É Ç Å Ç + % ' ) $ ' # % $ ) $ ' * $ ( " & ! ! & Â Á À É Ç È Æ Å Ä Ã UNTERNEHMENSKULTUR Wie geht man eine solche Weiterentwicklung an? Als Erstes sollte man sich im Führungsteam überlegen: Wofür wollen wir stehen, welche Werte sind uns wichtig und sollen innerhalb der Firma gelebt werden? Das hilft auch bei der Rekrutierung, weil man dann sehr klar formulieren kann, was man sucht, und damit auch die richtigen Leute anspricht. Danach kommt die Frage: Wie bringen wir diese Kultur zum Ausdruck? Man muss sich fragen: Wie wollen wir zusammenarbeiten; wie steht es um unsere Meetingkultur: machen wir genug für den Teamzusammenhalt; fühlen sich die Mitarbeitenden wohl, oder müssen wir etwas ändern; passen die Büroräumlichkeiten zu dem, wofür wir stehen wollen? Was sind Erfolgsfaktoren für eine zielgerichtete Kulturentwicklung? Meilensteine setzen! Man darf auch mal feiern, dass man etwas geschafft hat. Das Thema Kultur immer wieder thematisieren, nicht nur in der Geschäftsleitung, sondern auch in Teammeetings. Regelmässige Mitarbeiterbefragungen helfen, um bei der Belegschaft abzuholen, wie die Befindlichkeiten sind. Dabei sollte man als Führungsriege auch selbstkritisch sein und das eigene Verhalten hinterfragen. Generell kommt der Führung eine tragende Rolle zu – nur wenn die gesamte Führung hinter den Werten steht und diese mitträgt, kann Unternehmenskultur gelingen. Welche Stolpersteine sollte man berücksichtigen? Eine Kultur zu implementieren, ist ein Marathon, kein Sprint. Sie braucht viel Zeit und Ressourcen, dessen muss man sich bewusst sein. Ein Früchtekorb allein macht noch keine Unternehmenskultur. Es reicht nicht, zweimal im Jahr über Kultur zu sprechen – Kultur muss im Alltag gelebt werden. Die AXA-KMU-Arbeitsmarktstudie 2024 zeigt, dass jüngere Arbeitnehmende eher holistische Ansprüche äussern, ältere hingegen eher monetäre. Wie gelingt der Spagat, um alle Mitarbeitenden gleichermassen abzuholen? Unterschiedliche Lebenstypen haben unterschiedliche Bedürfnisse, das ist nicht unbedingt generationenabhängig. Was aber allen Menschen gemein ist, ist das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Wertschätzung, Anerkennung und Mitgestaltung. Wer diese Bedürfnisse in seinem Unternehmen erfüllen kann, ist schon auf sehr gutem Weg. ● «Es reicht nicht, zweimal im Jahr über Kultur zu sprechen – Kultur muss im Alltag gelebt werden.» Muriel Bouakaz Ihr KMU-Spezialist für Internet und Telefonie Entdecken Sie unsere Angebote: iway.ch/business Internet TV Mobile Telefonie Hosting Cloud Domains Datacenter 02/2024 21 Meine FIRMA
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