MARKETING INTERVIEW Zur Person nicht nur im Sport, sondern auch im Eventbereich. Darüber hinaus helfen uns sicher die Swissness und der Sympathiefaktor; nicht umsonst werden wir seit Jahren zu einer der beliebtesten oder vertrauenswürdigsten Marken der Schweiz gekürt. Erland Brügger: Man darf nicht vergessen, dieser Erfolg wurde Rivella nicht geschenkt, sondern ist hart erarbeitet. Rivella ist ein Produkt, das die Welt nicht zwingend braucht und so auch nicht noch mal existiert. Hätte man vor der Gründung klassische Marktforschung betrieben, hätte man das Getränk wohl nie an den Markt gebracht. In den ersten zehn Jahren hat Rivella keinen Gewinn abgeworfen, da steckt viel Arbeit und Herzblut unserer Vorgänger drin. Woher stammt eigentlich der Name Rivella? Silvan Brauen: Der Name Rivella ist dem Tessiner Dorf Riva San Vitale entlehnt. Aus dem Ortsnamen und dem italienischen Begriff «rivelazione» – zu Deutsch Offenbarung – entwickelte Gründer Robert Barth den Markennamen Rivella. Mit Ausnahme der Niederlande blieb Ihnen der Erfolg im Ausland verwehrt, aus Deutschland haben Sie sich 2019 zurückgezogen. Warum? Erland Brügger: In Holland sind wir bereits seit 1958 mit Rivella blau aktiv, noch bevor wir die leichtere Version in der Schweiz eingeführt haben. Damit haben wir das erste Light-Getränk überhaupt in Europa auf den Markt gebracht und konnten uns über die Jahre etablieren. In Deutschland haben wir später versucht, Rivella rot zu lancieren, da war der Markt schon gesättigt. Zudem geriet Zucker zu der Zeit bereits massiv in die Kritik, da war es schwierig, sich mit einem zuckerhaltigen Getränk am Markt zu positionieren. Gutes Stichwort. Haben zuckerhaltige Getränke wie Rivella rot überhaupt noch eine Zukunft? Wie gehen Sie damit um? Erland Brügger: Indem wir Alternativen anbieten. Wir wollen den Konsumentinnen und Konsumenten nicht vorschreiben, was sie trinken dürfen. Auch wenn offizielle Stellen die Haltung vertreten, man müsse die Konsumenten durch eine Besteuerung vor ihrem Zuckerkonsum schützen, verfolgen wir einen libera- Silvan Brauen arbeitet seit 2011 bei der Rivella-Gruppe. Der 38-Jährige hatte in den letzten Jahren verschiedene Funktionen innerhalb des Unternehmens inne, zuletzt war er als Leiter Marketing tätig. Als Co-CEO «Märkte» zeichnet er in Zukunft verantwortlich für die Themen Marketing, Verkauf, M&A und Unternehmenskommunikation. Silvan Brauen hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Universitäten Fribourg und Göteborg (Schweden). Er ist in Murten aufgewachsen und lebt mit seiner Partnerin und zwei kleinen Kindern in Bern. «Uns trennt eine Generation, da hat man unterschiedliche Ansichten und Kompetenzen. Erland bringt jahrelange Führungserfahrung als CEO mit, ich eher den Innovations- und Marktfokus.» Silvan Brauen, Co-CEO leren Weg. Aus diesem Grund haben wir uns auch zu einer freiwilligen Zuckerreduktion verpflichtet; unsere neuen Produkte sind alle deutlich weniger gesüsst als das Original. Nach einem zwischenzeitlichen Einbruch konnten Sie Ihren Umsatz 2022 weiter steigern. Wie ist das gelungen? Erland Brügger: Softdrinks werden impulsgetrieben konsumiert und damit weniger zu Hause als auswärts im Restaurant oder unterwegs getrunken. Corona-bedingt fiel dieser Bereich komplett weg, die Restaurants hatten geschlossen, und die Leute haben zu Hause vermehrt Wasser getrunken. Das hat uns während der Pandemie empfindlich getroffen, sich mittlerweile aber wieder stabilisiert. Silvan Brauen: Zudem konnten wir uns mit unserem 2019 übernommenen Vitaminwasser Focuswater in einem Segment positionieren, das absolut im Trend und stark wachsend ist. Sie sind bis heute in Familienbesitz. Ist das ein Vor- oder ein Nachteil? Erland Brügger: Ich würde behaupten, für viele Mitarbeitende ist das der Grund, weshalb sie hier arbeiten. Die Familie Barth steckt viel Herzblut und Energie in dieses Unternehmen und will die Marke nachhaltig attraktiv halten, das spüren unsere Mitarbeitenden. Man weiss, für wen man arbeitet, und ist nicht einfach ein Rädchen in einem global tätigen Konzern. Zudem sind viele unserer Abnehmer im Gastronomiebereich selbst familiengeführt, dadurch baut man schneller eine Verbindung auf als ein multinationaler Anbieter. Meine FIRMA 32 03/2023
INTERVIEW Zur Person Erland Brügger leitet die Geschicke der Rivella-Gruppe bereits seit 2011 als CEO. Seit Mai 2023 übt der 57-Jährige dieses Amt in einem Coworking-Modell aus und ist als Co-CEO «Operations» vor allem für die Themen Supply Chain, Finanzen/IT und Human Resources verantwortlich. Der gebürtige Solothurner ist diplomierter Ökonom und Marketingspezialist und war unter anderem auch bei Unilever Schweiz und Wander tätig. Er ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und wohnt in Muri bei Bern. Andere Traditionsmarken wie Franz Carl Weber wurden gerade an grosse Ketten verkauft, auch Calida sucht einen Käufer. Stand ein solcher Verkauf jemals zur Debatte? Erland Brügger: Da muss man sich nichts vormachen – wir haben ein familiengeführtes Aktionariat, da stellt sich automatisch alle paar Jahrzehnte die Frage nach der Zukunft. Bisher liess sich innerhalb der Familie eine Nachfolgelösung finden. Sollte das einmal nicht mehr der Fall sein, muss man nach einer Alternativlösung suchen. Das ist bei uns nicht anders als bei anderen Unternehmen. Es gibt immer mehr lokale Limonadenhersteller. Was halten Sie von der Partikularisierung des Getränkemarkts? Silvan Brauen: Dieser Trend ist im Biersegment bereits seit mehreren Jahren verbreitet und schwappt nun auch auf unseren Markt über. In der Schweiz haben unserer Meinung nach sowohl kleine Anbieter als auch multinationale Player ihre Daseinsberechtigung – Vielfalt belebt das Geschäft. Rivella ist ein Traditionsunternehmen, trotzdem zeichnen Sie sich immer wieder durch Innovationen aus, neustes Beispiel sind die Enerteas. Weshalb dieser Innovationsfokus? Erland Brügger: Rivella rot und blau sind stark verankerte Brands mit Tradition, die sich über Generationen hinweg am Markt behaupten konnten. Damit sind sie wichtiger Teil unserer Firmengeschichte und Erbe unserer Vorgänger. Wir als Nachfolger sind nun dafür verantwortlich, die Marke und ihre Produkte in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, dabei sind stetige Weiterentwicklung und Innovation unverzichtbar. Das ist seit 1952 Credo unseres Unternehmens und Teil unserer DNA. Andere Innovationen wie zum Beispiel die Sorten Rhabarber oder Pfirsich haben sich nicht durchgesetzt. Können Sie sich das erklären? Silvan Brauen: Geschmacksrichtungen wie Rhabarber, Pfirsich oder Holunder waren limitierte Auflagen, die bewusst nur für eine bestimmte Zeit angeboten wurden, um Konsumentinnen und Konsumenten kurzfristig zu begeistern und so für die Marke zu gewinnen. Ganz im Gegensatz zu strategischen Innovationen wie Rivella Refresh, das aus einem Kundenbedürfnis heraus entwickelt wurde und als Konzept langfristig im Sortiment bleiben wird. Mit der Übernahme der Lifestyle-Marke Focuswater gelang Ihnen 2019 ein Glücksgriff, seither hat sich der Umsatz der Vitaminwässer verfünffacht. Setzen Sie künftig auf den Einkauf fremder Marken statt auf eigene Entwicklungen? Silvan Brauen: Ganz klar auf beides. Die Übernahme von Focuswater war ein Riesenerfolg, solche Möglichkeiten gibt es nicht oft. Wir sind auch in Zukunft an solchen Chancen interessiert, treiben aber gleichzeitig auf all unseren Marken weitere Produktinnovationen voran und entwickeln neue Geschäftsmodelle. ● «Wir ergänzen uns aber auch vom Charakter her, einige Dinge liegen naturgemäss Silvan besser, andere mir. In einem Co-Modell kann man genau davon profitieren.» Erland Brügger, Co-CEO 03/2023 33 Meine FIRMA
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