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Meine Firma 3/2022

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INTERVIEW INTERVIEW

INTERVIEW INTERVIEW DANIEL GUSSMANN, PROF. MARKETING DR. CHIEF JOHANNA INVESTMENT GOLLNHOFER OFFICER (CIO) Als ich 2008 in der Finanzbranche angefangen habe, war gerade Lehman Brothers pleitegegangen. Damals haben die Aktienmärkte innerhalb eines Jahres 40 bis 50 Prozent verloren, vom höchsten zum tiefsten Punkt gar 80 bis 90 Prozent. Aus Finanzoptik war das somit eine ganz andere Dimension als das, was wir jetzt erlebt haben. Denken Sie, die Märkte werden sich bald erholen? Die grösste Herausforderung sehe ich darin, dass wir derzeit sehr viele verschiedene Brandherde haben, von denen jeder für sich allein schon ein grosses Risiko darstellt, die sich aber zusätzlich gegenseitig befeuern. Wir haben den Krieg in der Ukraine, Öl- und Gasknappheit, die Zero-Covid-Strategie in China, zudem die Inflation, von der wir nicht wissen, wie lange sie dauern wird. Ich habe den Eindruck, dass uns die Inflation noch länger begleiten wird. Die Frage ist, ob die Zentralbanken die richtige Balance finden, um die Inflation abzuschwächen und gleichzeitig die Wirtschaft nicht abzuwürgen. Manche Experten befürchten, wir könnten in eine jahrelange Rezession abrutschen, andere warnen vor dem Klimakollaps und Hungersnöten. «Gerade schwierige Zeiten können auch Impulse für neue Ideen liefern. Wenn nur einige der acht Milliarden Menschen gute Geistesblitze haben, kann das viel bewirken.» Sehen Sie die Zukunft ähnlich düster? Nein, so pessimistisch sehe ich das nicht. Momentan befinden wir uns zwar tatsächlich in einer fragilen und von vielen Unsicherheiten geprägten Zeit. Ich glaube aber, trotz allfälliger Rückschläge, an den Fortschritt und dass sich die Welt langfristig zum Besseren entwickelt. Man sollte das Potenzial und die Kreativität der Menschen nicht unterschätzen. Gerade schwierige Zeiten können auch Impulse für neue Ideen liefern. Wenn nur einige der acht Milliarden Menschen gute Geistesblitze haben, kann das viel bewirken. Ich blicke deshalb zuversichtlich nach vorn und glaube an die Innovationskraft und das Potenzial der Menschen. Sie verwalten die Vorsorgegelder von über 40’000 Unternehmen. Nach welchen Grundsätzen legen Sie diese an? Viele dieser Firmen sind einer BVG-Sammelstiftung angeschlossen. Da entscheidet der jeweilige Stiftungsrat über die Anlagestrategie, wir setzen diese dann innerhalb der Leitplanken um. Wir verfolgen dabei einen risikobewussten Anlageansatz nach strengen Nachhaltigkeitskriterien und konsequentem Best-in-Class-Prinzip. Das heisst, wir suchen systematisch den besten Anlagestil für die jeweilige Anlageklasse sowie die besten Asset Meine FIRMA 28 03/2022

INTERVIEW DANIEL GUSSMANN, CHIEF INVESTMENT OFFICER (CIO) Manager. Genauso machen wir es auch bei der Pensionskasse unserer eigenen Mitarbeitenden. Seit 2019 bietet die AXA in der 2. Säule anstelle der früheren Vollversicherung nur noch teilautonome Lösungen an. Welche Bilanz ziehen Sie heute? Ich bin nach wie vor überzeugt von diesem Schritt. Teilautonome Lösungen sind deutlich freier in der Anlagestrategie, da sie nicht an das enge regulatorische Korsett der Vollversicherung gebunden sind. Das eröffnete uns ganz neue Möglichkeiten, langfristige Ertragschancen für die Versicherten wahrzunehmen. So konnten wir zum Beispiel den Aktienanteil deutlich erhöhen – also jene Anlageklasse, die langfristig gesehen am meisten Rendite verspricht. Seit dem Wechsel vor drei Jahren konnten die Sammelstiftungen den Versicherten insgesamt bereits 1,8 Milliarden Franken mehr Zins auszahlen, als mit der früheren Vollversicherung möglich gewesen wäre. Wie steht es denn um die Sicherheit der Kundengelder, angesichts der volatilen Börsenkurse? Unsere Sammelstiftungen sind finanziell wie auch strukturell sehr gut aufgestellt. Im Vergleich zu anderen Pensionskassen haben sie zum Beispiel sehr wenige Rentenverpflichtungen; unter anderem deshalb sind sie auch sehr risikofähig, sodass sie selbst schlechte Börsenjahre gut verkraften können. Die Portfolios sind zudem breit diversifiziert, was zur Stabilität beiträgt. Gesetzt den Fall, dass die Börsen längere Zeit auf Talfahrt wären. Was würde im Falle einer Unterdeckung passieren? Die Rechnung muss langfristig aufgehen. In der beruflichen Vorsorge spart man über Jahrzehnte, und darauf sind auch die Anlagestrategien ausgerichtet. Aktien sind zwar die volatilste, langfristig gesehen aber die bei Weitem ertragsstärkste Anlageklasse. Im Vorsorgemodell von teilautonomen Lösungen ist zudem eine gewisse temporäre Unterdeckung möglich, ohne gleich Sanierungsmassnahmen ergreifen zu müssen. Erst bei andauernder, relevanter Unterdeckung müssten Sanierungsmassnahmen in Betracht gezogen werden. Diese wären vermutlich ähnlich, wie es in der Vollversicherung heute schon Realität ist, indem die Versicherten eine tiefere Verzinsung, eine Reduktion der Umwandlungssätze oder höhere Versicherungsbeiträge in Kauf nehmen «Die Rechnung muss langfristig aufgehen. In der beruflichen Vorsorge spart man über Jahrzehnte, und darauf sind auch die Anlagestrategien ausgerichtet.» Kurz und knapp Tägliches Ritual Zeitung lesen. Leibspeise Selbstgemachte Crêpes. Lieblingsfach in der Schule Mathe. Ohne gehe ich nicht aus dem Haus Schlüssel. Auf diesen sozialen Kanälen bin ich LinkedIn. Dabei schalte ich ab Beim Velofahren. Das kann ich nicht gut Geduld ist nicht meine grösste Stärke. So viel Schlaf brauche ich Ich schlafe meistens genug. Dahin würde ich auswandern Neuseeland. Diesen Wunsch erfülle ich mir noch Eine längere Reise mit der ganzen Familie. müssen. Eine Vollversicherung wird quasi laufend saniert, zulasten der KMU und ihrer Mitarbeitenden. Das wollten wir für unsere Kunden nicht mehr, sondern ihnen langfristig rentable und für alle Generationen faire Lösungen anbieten. Neben der angespannten Wirtschaftslage macht der Welt auch der Klimawandel zu schaffen. Wie wichtig sind Nachhaltigkeitsthemen für Sie? Als der damalige Gruppen-CEO Henri de Castries im Jahr 2015 als erste grosse Versicherung den Ausstieg aus der Kohleindustrie bekannt gab, war ich sehr überrascht. Heute habe ich den grössten Respekt dafür, wie stark er das Thema damals schon vorangetrieben hat. Mittlerweile zählt der Klimaschutz zu einem der wichtigsten Themen bei der AXA und ist Teil der Unternehmensstrategie. Als Vater zweier Kinder beschäftigt mich das Thema auch persönlich. Wir möchten unseren Kindern schliesslich eine Welt übergeben, die besser oder zumindest nicht schlechter ist als heute. Was bedeutet das für Ihre Investitionsentscheide? Wir beziehen Nachhaltigkeitskriterien bei sämtlichen Anlageentscheiden mit ein. Neben dem Erhalt und dem Schutz der Natur fallen auch Aspekte der sozialen Gerechtigkeit und der verantwortungsbewussten Unternehmensführung darunter. Wenn eine Firma unseren Richtlinien nicht entspricht und keine Verbesserungen erkennbar sind, steigen wir aus. Gewisse Firmen und Sektoren haben wir komplett ausgeschlossen. Dazu gehören Unternehmen der Tabakindustrie, Produzenten von Palmöl, die in Zusammenhang mit der Rodung von Regelwald stehen, sowie Firmen aus der Kohleindustrie, um nur einige zu nennen. Haben nicht alle grösseren Firmen solche Ausschlusslisten? Die AXA geht in vielen Punkten sehr viel weiter als andere Firmen. Manche Vermögensverwalter haben nur wenige Dutzend Unternehmen auf der Ausschlussliste, bei uns sind es Hunderte. Dass die AXA eine Vorreiterrolle übernommen hat, zeigt sich auch in unabhängigen Ratings, wie etwa dem «MSCI ESG Research»-Ranking, bei dem die AXA mit 10/10 Punkten im Bereich «Nachhaltiges Investieren» ein AAA-Rating erreicht hat. Einiges haben wir schon erreicht, vieles bleibt noch zu tun, doch ich glaube auch hier an den Fortschritt und dass wir als Gesellschaft dies zusammen meistern können. ● 03/2022 29 Meine FIRMA