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MARKETINGINTERVIEW«Wenn

MARKETINGINTERVIEW«Wenn die Leute Fischknusperliwollen, gebe ichihnen Fischknusperli»Enfant terrible, Fischknusperli-Papst, Freigeist. Für Michel Péclard gibt es viele Begriffe. Von deneinen geliebt, von den anderen gehasst, und nie ein Blatt vor den Mund nehmend, polarisiert derBetreiber von 19 Restaurants rund um den Zürichsee seit jeher – und hat trotzdem durchschlagendenErfolg. Was er besser macht als andere und weshalb er sich selbst nicht als Gastronom sieht,erklärt der Zürcher Unternehmer im Interview.Interview Melanie AdeFotos Daniel WinklerSie waren gerade 12 Tage aufeinem Segeltörn in der Karibikmit Ihren Kadermitarbeitenden.Gratisferien oder Workation?Mir ist es wichtig, dass sich meine Kadermitarbeitendengut verstehen. Denn wenn siesich gut verstehen, helfen sie sich untereinanderauch aus, wenn Not am Mann ist. Also ladeich die 34 Geschäftsführer und Küchenchefsder verschiedenen Betriebe einmal im Jahr aufeine Reise ein. Was dabei entsteht, ist einfachunglaublich: Wir steigen als Team ins Flugzeugund kommen als Familie zurück. Das machtmich unglaublich glücklich. Schliesslich verbringstdu 60 Prozent deiner Zeit am Arbeitsplatz– da macht es Sinn, wenn du mit denMenschen um dich herum ein gutes Verhältnishast. Wir stärken also zum einen das Teamund holen uns gleichzeitig neue Inspiration inden Restaurants dieser Welt. Währenddessenhalten die Mitarbeitenden hier vor Ort die Stellungund führen ihre Betriebe ohne ihre Chefs– was auch sie enorm motiviert. Eine Win-win-Situation.Ist das Teil Ihrer Unternehmenskultur?Absolut. Ich will, dass sich jeder und jedein dieser Firma wohlfühlt, egal woher sie oderer kommt oder welche Hautfarbe, welches Geschlecht,welche Religion, ethnische Zugehörigkeitoder sexuelle Orientierung eine Person hat.Bei mir arbeiten Ex-Drogenabhängige, Geflüchtete,ehemalige Strafgefangene und Transvestiten.Ich schere mich nicht darum, was die Gesellschaftvorgibt. Jeder Mensch ist gleichwertig.Und jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient.Daran glaube ich. Und wenn du solchenMenschen eine Chance gibst, kommt unendlichviel Dankbarkeit und Motivation zurück.Worauf achten Sie beider Rekrutierung Ihres Personals?Ich schaue mir nie einen Lebenslauf an.Wenn sich neue Kaderleute bei uns bewerben,gehe ich immer einen Abend ins «Coco» mitihnen – wir essen gemeinsam, trinken Wein bisum zwei Uhr morgens, und ich schau mir an,was das für ein Mensch ist und ob er oder sieins Team passt. Ich habe lange genug an derHotelfachschule Luzern unterrichtet, um zuwissen: Du brauchst in einer Gruppe nur eineneinzigen Piranha – der zieht alle anderen mitrunter.In der Gastroszene haben Sie sichmit der Umstellung Ihres Lohnmodellsauf den Umsatzlohn nichtgerade beliebt gemacht.Es ist doch so: Jeder Gastronom flucht darüber,dass er schlechte Mitarbeitende hat.Und trotzdem sind sie zu geizig, in ihre Leutezu investieren. Seien wir doch mal ehrlich: InZürich verdienen Servicemitarbeitende knapp4200 Franken – davon kann in dieser Stadtkein Mensch leben. Kein Wunder, wandern dieguten Leute ab. Da muss man sich halt etwaseinfallen lassen. Sei grosszügig zu deinen Mitarbeitendenund sie sind grosszügig zu dir.Hat sich der Schritt gelohnt?Absolut! Wir haben unseren Umsatz um 30und den Gewinn um 50 Prozent erhöht, gleichzeitigsind die Personalkosten um fünf Prozentgesunken. Es zeigt sich: Wer für sein eigenesBusiness arbeitet, ist produktiver. Zudem habenwir deutlich weniger Absenzen, wenigerkrankheitsbedingte Ausfälle und weniger Reklamationen.Kritische Stimmen bemängeln,dass die Angestellten dadurch nurnoch verkaufen wollen.Davor hatte ich tatsächlich auch Angst. Beizwei meiner Angestellten hat sich das auch«Ich schauemir nie einenLebenslauf an.Wenn sichneue Kaderleutebei unsbewerben,gehe ichimmer einenAbend ins‹Coco› mitihnen.»Michel PéclardJe mehr man ihn hinterfragt,umso mehr läuft er zurHochform auf: Michel Péclardist ein kreativer Freigeist.▶Meine FIRMA3001/2025

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